Liebe Freunde und Förderer des Saatkorn Projekts

Dez 7, 2022 | Saatkorn-Projekt

„Bleiben Sie zuversichtlich“, sagt der TV-Moderator am Ende der „Schlechten-Nachrichten-Salven“ und zieht noch ermutigend den Mundwinkel nach oben. Ich glaube, er meint es irgendwie ehrlich, aber auch fast entschuldigend, nachdem er uns die kaputte Welt präsentiert hat. „Bleiben Sie zuversichtlich“, der Apell zeigt, dass wir doch persönlich für unsere Zuversicht verantwortlich sind. Richtig, aber was kann ich für die globalen Krisen in dieser Welt? Ich habe nichts mit dem russischen Angriffskrieg zu tun und kann die Flüchtlingsströme nicht organisieren. Ich kann weder die Weltwirtschaft, die Lieferkettenprobleme noch den damit zusammenhängenden Inflationsauftrieb beeinflussen. Das spür ich nur in meinem Geldbeutel. Beim Klimawandel könnte ich anfangen nachzudenken, aber mit meinem Haushalt bewirke ich keine Wende. Auf der großen politischen Bühne läuft auch nichts zusammen.

Wenn wir Zuversicht kaufen könnten, würden wir in den Läden lange Schlangen sehen. Natürlich müsste der Preis gedeckelt sein und sozial ausgewogen finanziell unterstützt werden. Noch besser digital verfügbar, zu jeder Zeit, hoffentlich hält das WLAN. Die Antragsformulare müssten verständlich sein und extrem datengeschützt. Wenn es doch nur einen inneren Schalter gäbe, aber den hat noch niemand gefunden – ach, ich glaub, ich lass es lieber. Zuversicht ist so anstrengend und wäre doch so hilfreich.

Das Wort Zuversicht entstand im Althochdeutschen um das Jahr 1000 n.Chr. und wurde im Sprachgebrauch für „ehrfurchtsvolles Aufschauen, hoffen“ genutzt. In einer kriegerischen Zeit, in der die mittelalterliche Zivilisation entstand, waren die Klöster ein Ort des Glaubens, wo die verschriftlichte Sprache entstand. Orte wurden „Burg“ genannt – Rettung und Lebensraum.

„Ehrfurchtsvolles Aufschauen“ war auch weitere 1000 Jahre früher für eine Gruppe von Männern ein unfassbares Glück. Am Rande der Gesellschaft kämpften sie um ihre Existenz. Nachts hielten sie abwechselnd Wache, damit kein wildes Tier ihre Schafherde angreifen konnte. Sie war das einzige was sie hatten und was zum Leben reichen musste. Die Römer hatten sie im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Würgegriff.

Mitten hinein in ihre belastete Lebenssituation und in dunkelster Nacht schauten sie auf, als sie engelsgleich und strahlend hell hörten: „Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren!“ Sie schauten zuerst nach oben. Und dann nach vorne, mit neuer Perspektive. Sie sprangen förmlich aus dem Bannkreis der eigenen Ohnmacht, ermutigt, aktiv, Richtung Bethlehem. Gott schaut nach seinem Volk, seiner Menschheit. Jesus ist geboren!

Zuversicht nährt sich von positiven Erfahrungen, festigt eine innere Überzeugung, dass sich Dinge positiv entwickeln. Ehrfurchtsvolles Aufschauen. Nicht auf Systeme. Nicht auf Menschen, sondern auf Gott, der uns mit seinem Sohn Jesus „alles geschenkt“ hat und uns diese „Trotz-allem-Hoffnung“ geben kann. Das ist meine innere Überzeugung, die ich ganz nah bei Jesus immer wieder erlebe und die meine Zuversicht stärkt. Gut, wenn die Zuversicht ihren Ankerplatz bei Jesus hat. Jeremia, ein alttestamentlicher Prophet, schreibt bei allem Leid, das er erlebte, in seinen Klageliedern im 3. Kapitel: „Gottes Güte hat kein Ende, sie ist jeden Morgen neu und seine Treue ist groß“. Dieses Versorgungsglück erleben wir nur in seiner Nähe, aus der wir unsere Sorgen auf ihn werfen dürfen, wie Jesus selbst sagt!

1918 flohen die Südtiroler nach Österreich. Sie wollten nicht italienisch werden. Am Reschenpass staute es sich. Mutige Dörfler boten Verstecke an, darunter auch die Bäckerfamilie Federspiel. Bald wurden Nahrungsvorräte knapp. Für sich selbst hatten die Federspiels einen Schuhkarton voll Mehl unter der Treppe versteckt. Als eiserne Notration. Als nichts Anderes mehr da war, schöpften sie aus dem Karton – jeden Tag einen Messbecher voll. Sie bezeugten bis an ihr Lebensende mit Gottesfurcht: Der Karton wurde nie leer …!

Das ist meine Zuversicht: im Vertrauen auf Gott handeln, in schwierigen Situationen mutig weitergehen, dann öffnen sich Horizonte. Gut, wenn wir uns gegenseitig stärken und mit Zuversicht anstecken. Jeder ist mal in der einen, mal in der anderen Rolle.

Im Saatkorn Projekt übernehmen wir soziale Verantwortung und bieten unseren geflüchteten Jugendlichen die Teilhabe an unserer Gesellschaft und den Glauben an Jesus Christus an. Das kostet Kraft und braucht diese Zuversicht, dass unser Handeln „trotz allem“ einen Wert hat und sinnvoll ist. Wir teilen gerne unsere Zuversicht mit Ihnen anhand von guten Nachrichten aus unserer Arbeit in diesem Newsletter und beten auch für Sie, unsere Saatkornfreunde, dass Sie gut durch diese herausfordernden Tage kommen.

Wenn Sie für die Projektarbeit beten wollen, tun Sie es bitte; wenn Sie uns finanziell unterstützen können, tun Sie es bitte, damit „der Karton nicht leer“ wird. Wir spüren, wie Sie alle auch, die Kostenbelastung aus der globalen Krise deutlich, deshalb brauchen wir Sie als Freunde an unserer Seite. Danke!

Zuversicht heißt: Aufsehen auf Jesus, dessen Geburtstag wir an Weihnachten feiern und der seine Liebe zu uns Menschen, unantastbar von allen globalen und persönlichen Krisen, in aller Treue lebt. Ich wünsche Ihnen positive Erfahrungen in seiner Nähe. Nicht nur an Weihnachten.

Vor diesem Hintergrund „bleiben Sie zuversichtlich“.

Klaus Andersen,
1. Vorsitzender Saatkorn Projekt e.V.