Liebe Freunde und Förderer des Saatkorn Projekts

Wie ein Vogel, der aus seinem Nest flüchtet, so ist ein Mann, der aus seiner Heimat flieht.
Sprüche 27,8
am 01.08.2023 wird unsere Arbeit sieben Jahre alt, und wir im Saatkorn Projekt sind dankbar und begeistert, in wie vielen Leben von jungen Geflüchteten wir schon hilfreich und unterstützend Einfluss nehmen durften. Viele Teilnehmer der ersten Jahre sind längst mit ihren Ausbildungen/dem Studium fertig, stehen im Beruf, einige haben geheiratet und leben hier bei uns in Deutschland ein stabiles Leben. Darüber freuen wir uns mit ihnen sehr und feiern ihre Leben!
Umso mehr, wenn man bedenkt, welch langer Weg und wieviel harte Arbeit dies für sie bedeutet hat. Denn niemand verließ sein Heimatland freiwillig. Allen war der hohe Verlust, den sie erlitten hatten, schmerzlich bewusst.
Wir haben erst im Laufe der Jahre die damit verbundenen Dimensionen wahrgenommen – was es bedeutet, keinen Zugang mehr zu seinem „Nest“ zu haben. Wie abgeschnitten zu sein von Gebräuchen und Gewohnheiten, die bisher das gesamte Leben durchzogen. Die Sprache, mit der man aufgewachsen ist, nicht mehr täglich zu hören. Abläufe, die dem Leben Stabilität gegeben hatten, und unterstützende familiäre Strukturen nicht mehr verfügbar zu haben. Stattdessen fortwährend umspült zu sein durch Elemente der neuen Kultur, in welcher man angekommen ist …
Wir haben inzwischen auch verstanden, dass unsere Teilnehmer ihrerseits mit unbewussten Erwartungen an das neue Leben in der Fremde – bei uns – ankamen. So reichen die religiösen Prägungen der Migranten v.a. arabischen Ländern sehr weit. Yassir Eric erklärt: „Für zahlreiche Migranten ist Religion nicht nur eine Facette ihres Lebens. Ihr Glaube durchdringt alle Lebensbereiche … Religiöse Prägungen sitzen sehr tief und haben starken Einfluss auf ihr Denken und Handeln.“1 Auch die Familie spielt dort meist eine andere Rolle als hier im Westen: sie ist Ort der Ehre, Ausbildungsstelle, Heiratsvermittlung, Ressource für alle Alltagssituationen und hat umfassende Entscheidungsvollmacht für den Lebenslauf des einzelnen Familienmitgliedes.
Das alles hofften unsere Teilnehmer auch in Deutschland, z.B. bei Saatkorn, zu finden. Stattdessen hatten wir jedoch unsererseits hohe Erwartungen an unsere Teilnehmer: dass sie sich schnell einfinden, bald die Sprache sprechen, pünktlich und zuverlässig sind, sich zügig anpassen …
Das war und ist in Summe ein anspruchsvolles Paket, das beide Seiten – uns Mitarbeiter und unsere ausländischen Teilnehmer – ganz schön herausfordern kann.
Trotzdem bieten wir nach wie vor überzeugt und fröhlich unseren Teilnehmern in unserem schönen Land ein Zuhause an – und machen dies so gut wir eben können.
Nachhaltige Integration respektiert, hört zu, versucht zu verstehen, erklärt, übersetzt, vermittelt, leitet an und begleitet. Es geht darum, dass der Fremde – in unserem Fall: unsere Teilnehmer – bei uns einen Platz bekommt, an dem er sein kann und sein Leben gestalten darf. Wir wollen bewusst Gemeinsamkeiten suchen und voneinander lernen. Wir wollen uns gegenseitig in unserer Andersartigkeit stehen lassen. Wir wollen eine stabile Grundlage für ein gemeinsame Leben bauen, in dem jeder sich wiederfindet, wahrgenommen wird, Fehler machen darf, Bestätigung erfährt und sich wohl fühlt – und auch für die ehemals Fremden vielleicht doch wieder sowas wie ein „Nest“ entstehen kann.
Jede irdische Heimat ist zeitlich begrenzt und unvollkommen. Echte Heimat, ein echtes, ewiges „Nest“, gibt es unserer Überzeugung nach nur in der Gegenwart Gottes. Bei ihm, in der Beziehung zu ihm, kommen wir innerlich an und zur Ruhe, bei ihm werden Dinge gut, werden Verluste ausgeglichen, Sehnsüchte gestillt.
Gerne gewähren wir Ihnen heute mit diesem Newsletter wieder einen kleinen Einblick in unser Tun. Danke, wenn Sie das Saatkorn Projekt wohlwollend begleiten und unterstützen! Nachhaltige Integration ist komplex, aufwändig und leider auch teuer!
Ihre
Monika Klotz, Geschäftsführung und stellvertretende Vorsitzende
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1 Zitiert aus: Yassir Eric, „Wir müssen reden bevor es zu spät ist“ bene! 2023, S. 16.